Stammzellen
Stammzellen sind die Ursprungszellen des Körpers. Sie versorgen den Organismus, in dem sie sich befinden entweder mit weiteren Stammzellen oder mit bereits ausdifferenzierten Zellen und sind noch undifferenziert.
Neue Stammzellen produzieren kann man durch den ganz normalen Ablauf der Proliferation. Das bedeutet, dass sich eine Zelle in zwei Tochterzellen mit denselben individuellen Stammzelleneigenschaften teilt. Dieser Vorgang wird symmetrisch genannt.
Die differenzierte Zellteilung ist jedoch ein asymmetrischer Vorgang: Die Ursprungszelle teilt sich in eine normale Tochterstammzelle und in eine ausdifferenzierte Zelle. Durch diesen Prozess können sich Stammzellen also selber erhalten und gleichzeitig individuelle Gewebezellen hervorbringen.
Es gibt drei besondere Eigenschaften der Stammzellen:
- Sie haben die Fähigkeit, sich zu spezialisieren. Die Stammzellen sind in der Lage, dass sich eine Tochterzelle nach der Teilung in eine spezialisierte Zelle weiterentwickelt. So machen sie es möglich, dass regelmäßig neue Blutzellen, Muskelzellen, Nervenzellen oder Knochenzellen entstehen. Die Stammzellen können somit alles. Kranke Zellen werden durch diesen Vorgang ersetzt. Stammzellen übernehmen daher wichtige Regenerations- und Reparatur-Mechanismen im Körper.
- Außerdem sind die Stammzellen in der Lage, sich durch Replikation selbst zu erneuern. Sie haben das Beherrschen sich zu teilen und somit eine Kopie mit den gleichen Eigenschaften herauszubringen.
- Zu guter Letzt sind Stammzellen universelle Zellen. Sie haben sich noch nicht in Zelltypen mit bestimmten Funktionen entwickelt.
Alle 100 Billionen Körperzellen von einem Erwachsenen gehen aus einer Stammzelle hervor. Die Aufgaben der Stammzellen sind der Aufbau, die Regeneration und die Reparatur. Diese Fähigkeiten der Stammzellen nehmen bereits durchgehend ab während der Embryonalentwicklung und später auch während des gesamten Lebens. Was dazu führt, weshalb junge Stammzellen für die medizinische Anwendung von besonderem Interesse sind.
Aufgaben der Stammzellarten
Die verschiedenen Arten von Stammzellen werden auf drei unterschiedlichen Wegen gruppiert:
- Klassifizierung nach dem Zelltyp
- Klassifizierung nach dem ontogenetischen Alter
- Klassifizierung nach dem DifferenzierungspotentialKlassifizierung nach dem ZelltypDas bedeutet, welches Gewebe oder zu welchen Zellarten sich die Vorläuferzellen und eine Nervenzelle werden.Hämatopoetische StammzellenHämatopoetische Stammzellen sind nichts Anderes als Blutstammzellen. Die Aufgaben der Blutstammzellen sind für die komplette Bildung des Blutes zuständig. Die Zellen, die dort sind, haben eine sehr begrenzte Lebensdauer. Täglich müssen bei einem Erwachsenen ca. 200 Milliarden rote Blutkörperchen (Erythrozyten), 120 Milliarden weiße Blutkörperchen (Leukozyten) und 150 Milliarden Blutplättchen (Thrombozyten) gebildet werden.Mesenchymale StammzellenDie mesenchymale Stammzellen werden als Vorläuferzellen des Bindegewebes bezeichnet. Aus denen entstehen Knochen und Knorpel, Muskeln, Bänder und Sehnen. Sie befinden sich besonders im Nabelschnurgewebe.Neuronale StammzellenNeuronalen Stammzellen sind Nervenzellen die sich vor allem in den Gehirnzellen befinden. Die Stammzellen sind für die Analyse von neurodegenerativen Erkrankungen wie zum Beispiel Demenz oder Parkinson. Sie befinden sich ebenfalls bei traumatischen Verletzungen, etwa nach einem Schlaganfall oder starken Kopfverletzungen wegen eines Unfalls. Mit Hilfe neuronaler Stammzellen können Reparaturprozesse in Gang gesetzt und somit Schäden verringert werden.Klassifizierung nach dem ontogenetischen Alter
Die Ontogenese ist die Entwicklung des Individuums. Von der Eizelle bis zum geschlechtsreifen Organismus. Bei der Klassifizierung nach dem ontogenetischen Alter unterscheidet man zwischen embryonalen, fötalen und adulten Stammzellen. Daher gibt es hier verschiedene Stufen bei der menschlichen Entwicklung. Von der befruchteten Eizelle, den Embryo bis zum Erwachsenen.
Embryonale Stammzellen
Sie beginnen am Anfang des menschlichen Lebens. Die embryonalen Stammzellen können sich in jedem spezifischen Zelltyp entwickeln und sind sozusagen die „Mütter aller Zellen“. Sie existieren allerdings nur während der Entwicklung zur Blastozyst, (der Zustand des Embryos nach ca. 3-4 Tagen nach der Befruchtung). Man muss Embryonen züchten und anschließend wieder zerstören.
Adulte Stammzellen
Die Reservisten aus dem Knochenmark und anderen Organen unseres Organismus sind die adulten Stammzellen. Sie können sich nicht in alle Zelltypen eines Organismus unterscheiden wie embryonale Stammzellen. Adulte Stammzellen sind die Stammzellen ab der Geburt und auch die Stammzellen des Nabelschnurblutes (siehe unten).
Neonatale Stammzellen
Die Stammzellen aus dem Nabelschnurblut gehören zu den adulten Zellen. Allerdings sind diese Zellen jung und potent. Man führt sie daher als eigene Klasse, die neonatalen Stammzellen genannt werden.
Um junge, potente, eigene Stammzellen zu gewinnen und für die Medizin zu verwenden, gibt es die Möglichkeit, das Nabelschnurblut bei der Geburt zu entnehmen und anschließend aufzubewahren. Bei dieser Variante wird das Nabelschnurblut für das Kind reserviert, sollte es bei einer eventuellen Späteren Krebserkrankung Stammzellen benötigen. Das Gewinnen und Aufbewahren des tiefgefrorenen Nabelschnurblutes ist allerdings sehr kostspielig.
Eine weitere Möglichkeit ist, das Nabelschnurblut zu spenden und der Allgemeinheit zur Verfügung zu stellen.
Klassifizierung nach dem Differenzierungspotential
Die Klassifikation nach dem Differenzierungspotential zeigt, wie viele unterschiedliche Zelltypen sich in einer Stammzelle entwickeln kann. Je früher eine Stammzelle sich entwickelt, desto größer ist ihr Differenzierungspotential.
Omnipotente/Totipotente Stammzellen
Omnipotente oder totipotente Stammzellen bringen einen kompletten Organismus hervor. Aus der Zygote (die befruchteten Eizelle) entwickelt sich ein Embryo, indem sich die Zellen teilen. Diese gibt es nur in der kurzen Phase der Embryonalentwicklung. Bis zum Alter des Embryos drei bis vier Tage nach der Befruchtung (das Blastozysten-Stadium). Alle Organe und Gewebe werden angelegt. Die Zellen ordnen sich in der Blastozyste. Die äußeren Schichten bilden den Trophoblast. Die Fruchtblase, die Nabelschnur und die Plazenta entstehen aus dem Trophoblast. Den Embryoblast bilden die inneren Zellschichten aus dem dann der vollständige Mensch entsteht.
Die Zygote entwickelt sich durch die Zellteilung zur Morula nachdem die Eizelle der Frau und das Spermium des Mannes miteinander verschmolzen sind. Das Entwicklungsstadium beginnt beim Menschen während der Embryogenese mit dem 16-Zell-Stadium. Vier Tage vergehen von der Befruchtung bis zur Morula. In diesem Zeitraum kann man aus ihnen einen kompletten neuen Organismus samt Plazenta, Fruchthülle und Nabelschnur erwachsen, die Stammzellen sind totipotent.
Pluripotente Stammzellen
Diese Stammzellen können sich in alle Zellarten auszudifferenzieren. Darum kann aus den pluripotenten Stammzellen kein komplett neuer Organismus mehr entstehen. Das Ziel ist es, neues Gewebe in seiner dreidimensionalen Struktur und mit komplexen Aufgaben zu züchten. Damit wird man mal geschädigte Organe komplett ersetzten können.
Multipotente Stammzellen
Sie können sich noch in verschiedene Zellarten ihres Gewebes differenzieren. Die hämatopoetischen Stammzellen bringen Erythrozyten, Leukozyten und Thrombozyten hervor (alle Bestandteile des Blutes). Die neuronalen Stammzellen können sich ebenfalls in verschiedene Zellen des Gehirns entwickeln, jedoch nicht mehr zu Muskelzellen oder Herzzellen.
Oligopotente Stammzellen
Diese Stammzellen können sich in einige wenige Zellen ihres Gewebes ausdifferenzieren. Die blutbildenden Stammzellen sind multipotent. Diese Zellen teilen sich und eine Tochterzelle entwickelt sich zu myeloischen Stammzellen oder lymphoiden Stammzellen. Diese zwei Stammzellarten sind nur noch oligopotent. Erythrozyten, Granoluzyten, Thrombozyten und Monozyten werden aus den myeloischen Stammzellen. Die T-Zellen, B-Zellen und Killerzellen (Teile des Immunsystems) bilden sich aus den lymphoiden Stammzellen.
Unipotente Stammzellen
Die Stammzellen mit dem geringsten Differenzierungspotential sind die unipotenten Stammzellen dieser Rangordnung. Diese können sich nur zu ihrem eigenen Zelltyp entwickeln. Diese Stammzellen befinden sich in den Hoden und aus ihnen können nur Spermien entstehen (spermatogoniale Stammzellen).
Stammzellforschung
Ziele der Stammzellforschung sind neue Therapien z.B. in der Krebsforschung. Schon heute erhalten Leukeämiepatienten Stammzelltransplantationen von geeigneten Spender/innen, nachdem ihr eigenes rotes Knochenmark vorher zerstört wurde. Dank der „neuen“ im transplantierten Knochenmark enthaltenen Stammzellen, können sie wieder gesunde weiße Blutkörperchen produzieren.
Auch ein Ziel der Stammzellforschung ist das biologische Grundverständnis für die Entwicklung des werdenden Organismus.
Beim Tissue engeneering werden neue Gewebe aus Stammzellen gezüchtet. Heute ist das bereits bei Haut, Knochen und Knorpelgewebe möglich. Bestimmte Knorpelgewebe sind nicht regenerationsfähig. In ersten Ansätzen versucht man Stammzellen in geschädigtes Knorpelgewebe einzubringen, das sich dann von innen heraus reparieren soll oder man züchten in im Labor in geeigneten Nährmedien Knorpelzellen die in Bestimmten Formen (z,B, uín der Form von vorn Ohrmuscheln) wachsen und dann als körpereigenes Gewebe transplantiert werden können- z.B. nach dem Verlust von Ohrmuscheln nach schweren Verbrennungen. Ähnliches gelingt auch schon bei der Haut oder bei Knochen. Man hofft, in der Zukunft auch komplexere Organe (wie Leber oder Niere) im Labor züchten zu können oder sogar aus dem 3D Drucker ausdrucken zu können. Auch hofft man mittels Stammzelltherapie, möglicherweise in der Zukunft bisher unheilbare Defekte wie Querschnittlähmungen heilen zu können.
iPS Zellen
iPS Zellen sind „normale“ Zellen, die im Labor so behandelt werden, dass sie sich wie pluripotente Stammzellen verhalten, Zellen, die also künstlich im Labor zu pluripotente Stammzellen umgepolt werden und somit jede Zelle des menschlichen Körpers herbringen können.
Der Japaner Shinya Yamanaka erzeugte im Jahr 2006 erstmals iPS-Zellen und wurde im Jahr 2012 für seine Entdeckung mit dem Nobelpreis für Medizin ausgezeichnet.
Heute sind iPS-Zellen aus der Forschung kaum noch wegzudenken.
Probleme
Stammzelltherapie steht in Verdacht krebsauslösend zu sein. Viele Probleme im Umgang mit Stammzellen sind noch ungelöst und müssen erst weiter erforscht werden.
Auch ist ein ethisches Problem, dass zur Erforschung von Stammzellen Embryonen benötigt werden. Diese stammen von künstlichen Befruchtungen von Paaren, die nicht mehr benötigen und für die Forschung freigeben. In Österreich darf nur mit pluripotenten Stammzellen geforscht werden, nicht mit totipotenten, dennoch sind diese Forschungen ethisch problematisch und sehr umstritten.
Quellen:
http://www.aerztekammer.at/nft-medizinundwissenschaft/-/asset_publisher/Oy45/content/id/21616663
https://www.netdoktor.at/krankheit/methoden-zur-gewinnung-von-stammzellen-4975
http://www.spektrum.de/lexikon/biologie/stammzellen/63289
https://www.wissensschau.de/stammzellen/ips_zellen.php
Petra Krstic 5HIA, HLMW9, 2018
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